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Natalie von kulturreich im Interview mit Carolin Löbbert über ihren Flow, die Werkreihe Green Porn und allgemein ihrer Arbeit als Künstlerin

 

Liebe Carolin, herzlich Willkommen. Von wo aus arbeitest du denn gerade? 
Ich hab anfänglich im 1. Lockdown im Home-Office gearbeitet. Als Familie muss man jedoch schauen, dass man damit zurechtkommt.  Uns war dann klar, wir müssen leider außerhalb des Haushaltes arbeiten. Dann bin ich wieder ins Studio gegangen, weil hier genug Abstand ist und alle Maßnahmen eingehalten werden können. Das ist wirklich eine Erleichterung.

Das kann ich mir vorstellen. Im Studio ist deine Werkserie Green Porn entstanden, die nun Teil der Be Good-Ausstellung ist. Was hat dich dazu inspiriert?
Die erste Idee hatte ich ganz ursprünglich durch die italienische Schauspielerin Isabella Rossellini. Eine Freundin zeigte mir die skurrile Filmreihe „Green Porno“.

Die kenne ich noch nicht, wovon handelt die?
Rossellini verkleidet sich dort als Tier und berichtet in dieser Form verkleidet – mit ganz tollen Kulissen, zum Teil aus Papier gebaut – über das Sexualleben von Tieren. Zum Beispiel über Fische und dann schwimmt sie durch das Wasser dabei. Das hat mich immer total fasziniert, diese Bilder habe ich nie vergessen. Dadurch initiiert habe ich selber künstlerisch mit dem Thema gearbeitet. Es ist eine Art Hommage an diese Filmreihe. Der Titel „Green Porno“ hat mir den Anstoß gegeben auch in die Richtung zu arbeiten. Meine Bilder handeln  ja auch von der Vielfalt der Natur und Reproduktion. Da hat alles seinen Ursprung, das hat mich inspiriert – diese Serie von Isabella Rossellini.

Das klingt wirklich inspirierend. Mir geht „Alpaka“ aus deiner Green Porn-Werkreihe nicht mehr aus dem Kopf. Es sticht für mich heraus aufgrund reduzierter Naturdarstellung und dem Blickkontakt mit den Alpakas beim Betrachten des Bildes. Das hat fast etwas Voyeuristisches. Wie kommt es zur Abweichung zu den anderen beiden Werken „Tiger“ und „Parrots“?
Auf jeden Fall nicht bewusst. Jetzt, wo du das so schilderst und umschreibst – vielleicht ist es voyeuristisch-humoristisch. Das Alpaka ist ja schon ein witziges und kuschliges Tier und wird aktuell viel als süßliches Objekt, zum Beispiel auf T-Shirts, dargestellt.

Da hast du recht. Hat sich dein Verständnis von Natur und Sex verändert im Zuge der Arbeit?
Die Werkserie Green Porn ist ursprünglich für eine Gruppenausstellung des Spring-Magazins entstanden zum Thema Sex. Dadurch wurde ich nochmal angestoßen mich mit dem Thema Reproduktion, Sex auseinanderzusetzen. Für mich war klar, ich möchte das mit Natur in Verbindung bringen und nicht unbedingt auf Pornos mit Menschen eingehen, das fand ich nicht so spannend. Also nein, eigentlich war ich immer schon in meinen Arbeiten fasziniert von der Natur und der Wildnis. Diese Arbeit ist eher eine Form, um mehr davon darzustellen.

Du bist Gründungsmitglied der Künstlerinnengruppe Spring, woran arbeitest du momentan? Wirst du weiter an der „Green Porn“-Reihe arbeiten?
Die Werkserie besteht aktuell ja aus drei Bildern, aber ich habe immer schon mal gedacht, da ist eigentlich viel mehr Potenzial drin und ob ich sie weiterführe. Gerade bin ich in der Ideenfindung für die diesjährige Spring-Magazin-Ausgabe zum Thema Freiheit. Es fühlt sich manchmal auch ein bisschen absurd an, weil wir uns alle ja total eingesperrt fühlen und auch voll am Limit sind mit der Zeit, die wir zum Arbeiten haben. Und dann erstellen wir jetzt Beiträge zu dem Thema Freiheit, aber vielleicht ist gerade das der Reiz daran. Dass einem klar wird,  was Freiheit bedeutet, und wenn sie mal nicht so ganz da ist. Bei mir wird es wieder so ein bisschen surreal. Es geht auch um Natur und Wildnis, was man dort findet und was nicht und wie wir dazu stehen. Außerdem kommen aktuell wieder ein paar Kundenaufträge rein.

Viel Erfolg bei der Ideenfindung, wir freuen uns natürlich drüber, wenn Green Porn in kommenden Ausstellungen erweitert gezeigt werden kann. Ich hab einige Illustrationen, aber auch Collagen und Fotografien von dir gesehen. Du arbeitest also sowohl digital, als auch analog. Was ist deine liebste Art?
Ich arbeite tatsächlich meistens digital, besonders für Aufträge, weil ich die korrigieren und das Ganze in einem gewissen Zeitrahmen passieren muss. Für die Ausstellungsreihe Green Porn war klar, dass ich Exponate haben möchte. Ich hab also die Skizzen und Recherchen digital gemacht. Letzendlich ist aber die Umsetzung bewusst alles in allem manuell. Es ist auch einfach schön mal wieder etwas Manuelles zu machen. Da kommt man selten zu im Alltag – ich zumindest im Berufsalltag. 

Schön, dass du im Entstehen von tollen Einzelkunstwerken auch einen Ausgleich im Arbeitsprozess finden kannst. Wie muss denn die Atmosphäre sein, damit du in deiner künstlerischen Arbeit aufgehen kannst? Wie findest du deinen Flow?
Ich hab es gerne recht ordentlich oder zumindest mein Arbeitswerkzeug an seinem Platz, also eigentlich nicht so das kreative Chaos, vielleicht mal während des Arbeitens über den Tag, aber ich räume es dann gerne nachher wieder auf. Damit ich für den nächsten Tag weiß, dass ich wieder in eine sortierte Situation komme. Gerade ist es zeitlich erschwert, alles ist so getaktet, familiär gesehen. Man weiß, ich hab jetzt für die Aufträge und meine freie Arbeit vier Stunden und muss das jetzt hier voll knackig durchziehen. Tatsächlich fällt da manchmal die Muße hintenüber gerade. Auftragsarbeiten sind dann wichtiger oder macht man halt, weil man sie braucht. Da muss man schauen, dass man kleine Momente des guten Gefühls hat. Wenn ich im Studio ankomme, zum Beispiel meinen Kaffee zu genießen.

Genau darum geht in unserer aktuellen Be Good-Ausstellung. Was tust du dir und anderen Gutes in diesen Zeiten?
Genau, also der Kaffee mit ein bisschen Schokolade gehört dazu. In letzter Zeit habe ich es endlich geschafft abends zu joggen oder am Wochenende, wenn mein Freund die Kinder betreut. Danach hab ich mich immer gut gefühlt. Was tue ich anderen Gutes? Zu Weihnachten hatte ich mir überlegt Karten zu verschicken, auch an Kunden, Freunde und Leute, die ich ewig nicht gesehen hab. Dafür hab ich ‚Big Hug’-Postkarten illustriert. Mir hat es total gut getan, an diese Personen zu denken und alles zu verarbeiten, während ich diese Karten fertig mache und verschicke. Ich hab total viel gutes Feedback zurückbekommen, die Leute haben sich gefreut. Free Hugs zu verschicken ist eben nur das, was gerade geht.

Unsere kulturreich-Besucher*innen und Newsletter-Empfänger*innen haben sich auch riesig an den Motiven erfreut. Eine großartige Arbeit in dieser Zeit auf den Punkt! Hast du einen Tipp für uns, den du mitgeben möchtest?
Ich glaube, da muss jeder sehr individuell in sich selber suchen, was einem guttut. Der eine macht gerne Yoga, der andere malt gerne total wild Bilder. Am wichtigsten ist, glaube ich, sich Räume zu schaffen für das, was einem selbst Spaß macht beziehungsweise die Räume erhalten. Mir tut es gut Strukturen zu haben: Ich komme ins Atelier, auch wenn’s nur kurz ist oder begrenzter als sonst, aber ich habe diesen kleinen Moment.

Dann danke ich für unseren kleinen Moment hier und hoffe, dass kulturreich-Lesende sich damit auch etwas Gutes für den eigenen Flow mitnehmen können.

Das Interview ist auf Zoom & Instagram in unserem neuen Live-Format kurz & kulturreich entstanden. Schau dir die Aufnahme auf Instagram an!

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